Artikel aus der BAZ von Jacqueline Büchi, publiziert am 10. Januar 2021 um 22:36 Uhr
AboEinreise nur mit Corona-Test
Auch Monate nach durchlebter Infektion können Covid-Tests noch positiv ausfallen. Eine Einreise in Länder wie Spanien oder Italien ist dann unmöglich. Möglicherweise ruft sogar noch einmal die Isolation.
Überstanden. Als der 17-jährige Tim* Anfang November nach knapp zwei Wochen Isolation wieder zur Arbeit darf, ist er erleichtert. Zwar hat das Coronavirus nicht nur ihn, sondern auch seinen Vater und den älteren Bruder erwischt. Glücklicherweise aber niemanden schwer. Zumindest, denkt er sich, habe ich Corona nun hinter mir.
Zum Jahreswechsel aber holt ihn das Virus wieder ein. Tim will am 1. Januar zu seiner Mutter nach Spanien fliegen, die dort ein Haus besitzt. Für die Einreise braucht er, so sehen es die Bestimmungen des Landes vor, einen negativen PCR-Test, nicht älter als 72 Stunden. Zwei Tage vor Abflug macht der junge Mann also einen Corona-Test – und erschrickt gewaltig, als er das Resultat sieht: wieder positiv.
«Bei der BAG-Hotline sagten sie uns, das sei nicht aussergewöhnlich. Die Viren blieben oft noch über Monate im Körper», erzählt Tims Vater. Auch der kantonsärztliche Dienst meldete sich – und wollte Tim wieder in Isolation schicken. «Nur mit Mühe und Not konnten wir das abwenden.» Die Spanien-Reise aber fiel ins Wasser. Ohne negativen Test hat Tim keine Möglichkeit, seine Mutter zu besuchen.
Häufiges Phänomen
Tatsächlich handelt es sich dabei bei weitem nicht um einen Einzelfall. Dass Genesene erneut positiv getestet werden, komme häufig vor, bestätigt Rudolf Hauri, der oberste Kantonsarzt der Schweiz. «PCR-Tests können über mehrere Wochen positiv ausfallen, weil noch Virusteile vorhanden sind, die aber keine gesundheitliche Bedeutung haben.» Dies bestätigt auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Wie viele Personen in der Schweiz bereits mehrfach positiv getestet wurden, sei statistisch nicht erfasst.
Personen, die Covid-19 durchgemacht haben, gelten während dreier Monate als immun. In dieser Zeit werden sie nicht in Isolation geschickt.
Robuste Studien dazu, wie lange die Virenteile maximal im Körper verbleiben, existieren ebenfalls nicht. Gemäss den Richtlinien des BAG gelten Personen, die Covid-19 durchgemacht haben, während dreier Monate als immun. In dieser Zeit müssen sie nicht in Quarantäne, wenn sie Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten. Und auch selber werden sie nicht in Isolation geschickt, falls ein Test – wie in Tims Fall – erneut anschlägt. Kontrolltests werden in dieser Zeit nicht empfohlen, da das Ergebnis nicht aussagekräftig ist.
Ist die 3-Monats-Frist bereits verstrichen, sehen die Empfehlungen des BAG vor, dass die betroffene Person erneut in Isolation muss. Denn: In seltenen Fällen kämen Reinfektionen vor, wie Hauri erklärt. Letztlich entscheiden die Kantonsärzte aber im Einzelfall, ob neuerliche Massnahmen tatsächlich nötig sind.
«Grundsätzlich gibt es die Möglichkeiten, mit einem serologischen Antikörpertest die bereits früher durchgemachte Infektion zu bestätigen oder mit einem Antigenschnelltest zu überprüfen, ob man noch ansteckungsfähig ist», so der Zuger Kantonsarzt. Tim nützt dies allerdings nichts. Denn solche Nachweise werden von den meisten Ländern, die ausdrücklich ein negatives PCR-Testresultat für die Einreise verlangen, nicht akzeptiert.
Reisen unmöglich
Das Problem ist auch Fluggesellschaften bekannt, wie Marco Lipp, Mediensprecher der Swiss, bestätigt. Man könne auch unter solchen Umständen keine Passagiere transportieren, die einen positiven Coronavirus-Test vorweisen. «Dies entspricht den Anforderungen der entsprechenden Zieldestination.» Bei der Fluggesellschaft Edelweiss empfiehlt man den Betroffenen, «sich vorgängig direkt mit uns in Verbindung zu setzen».
Neben Spanien verlangen auch zahlreiche weitere Länder von Personen aus der Schweiz bei der Einreise einen negativen PCR-Test. So etwa Italien, Griechenland, Bosnien, Russland und die Türkei. In Deutschland und Österreich müssen Personen, die aus der Schweiz kommen, in Quarantäne. Theoretisch können sie sich ab dem fünften Tag testen lassen und bei negativem Resultat die Quarantäne beenden – auch diese Möglichkeit entfällt also für einen Teil der ehemaligen Corona-Patienten.
Nicht nur Reisende, auch Profisportler stellen «persistierend positive Corona-Tests» vor Probleme, wie Walter O. Frey, Chefarzt von Swiss-Ski, bestätigt. Je nach regionalen oder wettkampfspezifischen Vorschriften führe der Umstand dazu, «dass, obwohl jemand schon lange wieder gesund ist und auch niemanden mehr anstecken kann, er nicht ausreisen respektive teilnehmen darf».
Im Fall von Tim bleibt offen, wann er seine Mutter wieder sehen kann: «Wir haben den Flug nun umgebucht auf Ende März. Wer weiss, ob es dann klappt», sagt sein Vater. Die Planänderung ist für die Familie nicht nur umständlich, sondern auch teuer: Denn jeder neue Test kostet rund 170 Franken.